„Ist es jetzt eigentlich schon zu spät ein Bier für unser Jahresabschlussfest zu brauen, Janet?“ wurde ich bei unserem wöchentlichen Bürofrühstück gefragt. Bis zu besagtem Fest waren es nur vier Wochen, für das Brauen und Reifen von Bier ziemlich sportlich.
Ich bin Teil des Planungsbüros bauchplan ).( . Das Büro liegt in einer ehemaligen Klavierfabrik im Süden von Wien, mit hohen Decken, viel Platz und einem Wasseranschluss, das sollte gehen. Ich besorgte die Zutaten für ein Pils und brachte meine kompletten Brauutensilien ins Büro. In einer Ecke baute ich alles auf: Braumeister samt Zubehör, Verlängerungskabel für den Strom, Wasserschläuche und Adapter für den Wasserhahn, Gärbottich, Malz, Hopfen und Hefe.
Unter unserem Büro liegt die 100 Blumen Brauerei und wenn dort gebraut wird, sind wir geruchstechnisch meistens auch involviert. Endlich würden meine Kolleginnen sehen können, wie diese Gerüche entstehen. Der kolumbianische Praktikant war vollkommen aus dem Häuschen: „That is so awesome! I love to drink beer but I don´t know how you make it!“ Ich erklärte den Vorgang des Maischens, dass wir aus dem Malz durch Erhitzen des Brauwassers den Zucker herauslösen, den die Hefe dann zu Alkohol umwandeln kann.
Nachdem das Einmaischen beendet war und es bei uns im Büro endlich wie in einer richtigen Brauerei duftete, durften alle die süße Würze probieren. „Das schmeckt ja wie Müsli!“ – „Daraus soll mal Bier werden?“ – „Hm, das schmeckt gut, lass mir gleich ein Glas da.“
Beim Läutern, dem Trennen von Malz und Würze, hatte ich zum Glück starke Helfer, denn das Malzrohr mit dem mit Wasser vollgesogenem Malz herauszuheben ist recht schwer.
Anschließend ging es ans Hopfenkochen. Die Würze wurde auf 100 Grad erhitzt und der Hopfen in bestimmten Abständen dazu gegeben. Es dampfte wie immer recht ordentlich, aber im Gegensatz zu meiner kleinen Küche, die sich immer in ein Dampfbad verwandelt, fiel es in dem großen Raum der ehemaligen Klavierfabrik nicht weiter auf. Wieder waren meine Kolleg*innen gefragt, denn sie durften den Hopfen abwiegen und dazugeben. Nach ca. 90 Minuten Hopfenkochen konnte wieder probiert werden. „Aua, das ist aber heiß!“ – „Ich hab gehört, dass das was ich hier trinke gut gegen Erkältungen ist?“ – „Süß und bitter!“ – „Awesome, tastes almost like beer!“
Der Hopfen war gekocht und wir konnten die Würze mit einer Kühlspindel, durch die Wasser gespült wird, kühlen, in den Gärbottich umfüllen und die Hefe dazu geben. Jetzt stand ich allerdings vor dem Problem, wie ich meinen dreckigen Braumeister wieder sauber bekomme? In der Büroküche war dafür leider kein Platz… Aber doch: Die 100 Blumen Brauerei! Also bin ich runter und durfte den Bottich mit einem superduper Hochdruckreiniger und Abflüssen im Boden reinigen. Das ging Ruck Zuck! Schade, dass ich nicht immer in der Brauerei meine Brauutensilien putzen darf.Das Pils ist ein untergäriges Bier, das heißt, es muss bei niedrigen Temperaturen gären. Bei uns im Büro war es dafür zu warm, doch zum Glück bewegt sich unser Bad temperaturtechnisch eher im unteren zweistelligen Bereich. Für die Gärung des Bieres herrschten gute Bedingungen.
Nach Beendung der Gärung füllten wir das Bier in 5 L Fässer ab, die mit ihrem Holzaufdruck fast (aber nur fast) wie richtige kleine Eichenfässer aussahen. Mit Überdruckventil geschlossen, ging es also wieder zurück ins Bad zur Reifung. Am Vortag der Feier wurde das Bier auf das Vordach gelegt, damit es ordentlich kalt wird. Wir sind eben nicht nur in unseren Planungen kreativ, sondern auch beim Kühlen von Alkohol.
Am Abend der Jahresabschlussfeier war es dann endlich soweit. Das Bier wurde feierlich angestochen (oder vielmehr wurde der Plastikhahn, der sich im Fass befindet, aufgedreht). Jeder musste probieren und die Resonanz war durchaus positiv. Endlich hatten wir unser bauch-Bier und es wurde ein rauschendes Fest!